Bis 1951 gehörte eine Gruppe von begeisterten Sierninger
Höhlenforschern dem Landesverein für Höhlenkunde in Oberösterreich an. Die
damaligen Verkehrsverhältnisse legten jedoch eine regionale Selbständigkeit
nahe; so kam es vor nahezu fünfzig
Jahren zur offiziellen Gründung der "Sektion Sierning des Landesverein für
Höhlenkunde in Oberösterreich" mit dem Sitz in Sierning, Hochstraße
2. Die konstituierende
Gründungsversammlung fand im Gasthof Forsthof statt; erster Obmann des
eigenständigen Vereines wurde Franz Schimpelsberger.
Die Grundausrüstung an Geräten und Material wurde von den
Vereinsmitgliedern zur Verfügung gestellt; der Landesverein für Höhlenkunde in
Oberösterreich spendete nicht unwesentliche Summen zum Ankauf eines
Stahlseilgerätes und anderen Befahrungsmaterials. Die Heimatgemeinde des
Vereines gewährte regelmäßig großzügige finanzielle Unterstützung und auch
andere Spender und Gönner trugen ihr Scherflein zur Vereinstätigkeit bei. Um
durch eigene Leistungen zu größeren Einnahmen zu kommen, wurde 1952 der erste
"Höhlenforscher ball" veranstaltet. Die alljährlichen Bälle waren
vierzig Jahre hindurch die wichtigste Geldquelle. Die große Entfernung der
Forschungsziele vom Standort, die bis zu 200 Kilometer beträgt, erzwang bereits
1953 die Anschaffung eines eigenen Vereinsfahrzeuges; es war ein Steyr A-Typ
mit Holzvergaser. Das Fahrzeug wurde vollständig zerlegt, entrostet und wieder
zusammengestellt. Wenn eine Ausfahrt bevorstand, wurde die notwendige Batterie
jeweils von einer örtlichen Mechanikerwerkstätte ausgeliehen. Noch im selben
Jahr folgte ein alter Rettungswagen mit Allradantrieb, der vom Roten Kreuz
käuflich erworben werden konnte; er tat jahrelang gute Dienste. Als Anerkennung
für die geleisteten Arbeiten in Zusammenhang mit einem geplanten
Pumpspeicherwerk in Molln stellten die Auftraggeber, die Ennskraftwerke AG.,
1972 einen VW-Bus zur Verfügung, der bis zum Jahre 1978 Verwendung fand.
Mittelpunkt
der Forschertätigkeit waren in den Anfangsjahren das Ennstal, das
Dachsteingebiet, die Gebirge um Hinterstoder, der Warscheneckstock und die
Höhlen des Sengsengebirges. Von 1966 bis 1973 stellten hydrologische Untersuchungen
im Reichraminger Hintergebirge und in den Mollner Vorbergen für das geplante
Pumpspeicherwerk den Schwerpunkt der Vereinstätigkeit dar. In der
Innerbreitenau bei Molln, im Wendbachgraben bei Trattenbach, am Reichramingbach
im Ebenforst wurden etwa 300 Wasserläufe, Einzugsgräben, Quellaustritte und
Karstphänomene dokumentiert und an vielen davon über einen längeren Zeitraum
Temperatur und Schüttung gemessen. Im Verlaufe dieser Arbeiten konnten auch
verschiedene Höhlen und Schächte erkundet werden.
In den Siebzigerjahren folgte die Neuvermessung der wichtigsten
bekannten Höhlen in der Umgebung von Sierning. Dann verlagerte sich das
Forschungsgeschehen ins Warscheneckgebiet und nach 1984 schließlich ins
zentrale Tote Gebirge. Ab 1990 wurde einem Teil des Sengsengebirges besondere
Aufmerksamkeit geschenkt, und derzeit liegt der Brennpunkt der Aktivitäten auf
der "Almtaler Sonnenuhr" im nördlichen Toten Gebirge. Die Forschungen
in diesem letztgenannten Gebiet setzten im November 1987 mit der Entdeckung der
Königreichhöhle ein, einer durch Rundprofile und Fließfacetten
charakterisierten, überwiegend horizontal verlaufenden Höhle, die bereits 1988
auf den heutigen Stand von etwa einem Kilometer Gesamtlänge vermessen wurde.
Die seit 1989 bearbeitete Tunnelhöhle ist wie die meisten Höhlen dieses
Gebietes nur nach langem Zustieg zu erreichen und weist derzeit ebenfalls eine
Länge von etwa einem Kilometer auf. Unter den weiteren Höhlen dieses Gebietes
sind die schwierig erreichbaren Sturmlöcher zu erwähnen, deren labyrinthischen
Gänge bisher kaum erforscht sind. In einem leichter zugänglichen Teil der
Almtaler Sonnenuhr liegt neben einer eisfreien, hauptsächlich kluftgebundene
Durchgangshöhle eine großräumige überwiegend schichtgebundene Eishöhle mit 350
Meter länge; den Hauptteil dieser Höhle bildet ein 230 Meter langer
eisführender Gang.
Dies sind nur einige Hinweise aus der umfangreichen Tätigkeit, die
immer vom Engagement einiger Einzelpersonen abhängig war, obwohl sich der
Mitgliederstand stets zwischen 30 und 50 Personen bewegte. Stets waren dem
Verein auch Denkmal-, Natur- und Umweltschutz ein besonderes Anliegen. So trat
er seinerzeit vehement gegen den geplanten Abbruc des Schlosses im Zentrum von
Sierning auf, welches letztlich doch erhalten, renoviert und revitalisiert
werden konnte. Er war aber auch für die Erklärung von Höhlen zum Naturdenkmal
initiativ. Die Publikation genauer Lageangaben der vom Verein für Höhlenkunde
Sierning erkundeten Höhlen wird bewußt hintangehalten. So konnte der in der
Vergangenheit immer wieder aufgetretene Vandalismus in Höhlen im Einflußbereich
des Vereines erfolgreich unterbunden werden. Eine der wichtigsten Aufgaben für
die Zukunft sieht der Verein darin, mit geeigneten Unternehmungen an die Jugend
heranzutreten um die Überalterung der Forschergruppe zu verhindern.